Salzburger Wirtschaft vom 27. November 2020 / Folge_23

· Information & Consulting · 23 Nr. 23 · 27. 11. 2020 Salzburger Wirtschaft Der Buchhandel sorgt auch im Lockdown für Nachschub an Lesestoff Klaus Seufer-Wasserthal, Ob­ mann der Fachgruppe Buch- und Medienwirtschaft, spricht im Interview über die aktuelle Situ- ation in Zeiten von Corona und über seine Erwartungen an das heurige Weihnachtsgeschäft. Mit welchen Büchern haben Sie sich die Zeit während des ersten Lockdowns und der Ausgangsbeschränkungen vertrieben? Das waren natürlich einige. Eines, das mir noch nachdrück- lich in Erinnerung geblieben ist, ist „Fremdes Licht“ von Michael Stavarič. Ein dystopi- scher Science-Fiction-Roman, der einen zwar in eine andere Welt entführt, aber gleichzeitig dazu anregt, über unsere gegenwärtige Welt nachzudenken. Worüber wohl jeder der- zeit nachdenkt, das ist die Corona-Pandemie. Wie hat der Buchhandel die Situa- tion bisher bewältigt? Im Gegensatz zu anderen Bran- chen war man ja im Online- Bereich sehr gut aufgestellt. Absolut, ich glaube, vielen war und ist nicht bewusst, dass ein Großteil der heimischen Buch- handlungen fast gleich lang wie der US-Online-Versandhändler Amazon – also gut 25 Jahre – im Internet mit Online-Shops ver- treten ist. Wir sind auch während des Lockdowns im Geschäft und verschicken täglich zwischen 150 und 250 Pakete. Leider ist die Abholung nicht erlaubt. Man hat also in dieser Zeit den Online-Riesen wie Amazon das Feld nicht überlassen müssen? Zum Glück haben sämtliche Medien vom ersten Tag des Lock- down an auf die Online-Shops des Buchhandels hingewiesen. Außer- dem hat Amazon in dieser Zeit andere Produkte etwa aus dem Hygienebereich oder jene mit höheren Margen als Bücher prio- risiert. Das haben die Leser natür- lich gemerkt und sich an die Buch- handlung in ihrer Nähe gewandt. Dabei haben sie festgestellt, dass der Preis derselbe ist, dass die Zustellung gleich schnell funk- tioniert und dass Lesen eigentlich doch ganz cool ist. Wir haben bei uns in der Rupertusbuchhand- lung im Sommer beobachtet, dass neben unseren Stammkunden auch viele Kunden ins Geschäft gekommen sind, die während des Lockdowns online bestellt haben. Viele bestellen weiterhin online und holen die Bücher dann im Geschäft ab. Das ist das Beste, was uns passieren kann. Eine der Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung für die Branche war eine Halbierung der Mehrwert- steuer auf 5%. Was hat das gebracht? Das hat sehr viel gebracht! Weil diese Senkung zugunsten der Betriebe und nicht der Konsu- menten gegangen ist, mussten sowohl Verlage als auch Buch- handlungen keine Mitarbeiter kündigen. Für die Kunden würde es pro Buch nicht viel bringen, für die Betriebe in der Masse jedoch schon. Da die Senkung mit der Auszahlung der Urlaubs- gelder im Juli zusammengefallen ist, war diese Maßnahme schon sehr hilfreich. Angesichts der derzeitigen Situation wäre eine Verlängerung der Maßnahme zumindest für das nächste halbe Jahr schon noch sehr sinnvoll. Wie hat sich die Krise auf einzelne Genres ausgewirkt? Die Reiseliteratur ist natürlich stark eingebrochen, hat sich aber von Mai weg wieder erholt. Spe- ziell regionale Wanderführer, Radführer oder Wanderkarten wurden stark nachgefragt, weil die Menschen mangels Alternati- ven die Berge und die Gegend in ihrer Nähe erkundet haben. Aber auch Garten- und Kochbücher waren sehr beliebt. In der Belle- tristik hat es interessante Neu- erscheinungen etwa von Joachim Meyerhoff und Don DeLillo, aber auch von Salzburger Schriftstel- lern gegeben. Erfreulich ist, dass die Kinder- und Jugendliteratur wieder sehr gut angenommen wird. Vorlesen ist zum Glück wie- der in, und das ist sehr wichtig. Denn wenn im Elternhaus das Lesen nicht gefördert wird, dann kann das meistens weder im Kin- dergarten noch in der Schule auf- geholt werden. Die Salzburger Buchtage sind heuer leider auch Corona zum Opfer gefallen? Ja, das ist sehr schade, besonders um die Veranstaltungen für Kin- der, die nicht stattfinden können. Die Begeisterung der Kinder bei den Lesungen der Kinderbuch- autoren ist immer wieder sehr schön. Das ist ein nicht ganz unwesentlicher Beitrag, den die Branche da zur Leseförderung beisteuert. Die Buchtage sol- len ja eigentlich vor Beginn des Weihnachtsgeschäftes auf den Buchhandel hinweisen, leider mussten wir sie heuer absagen. Wir haben dafür in Kooperation mit den Salzburger Nachrichten die Sonderbeilage „Ein Fest für das Buch“ gestaltet, die sehr gut angekommen ist. Was erwarten Sie sich vom heurigen Weihnachts- geschäft? Das ist schwer einzuschätzen, aber ich erhoffe mir ein gutes Weih- nachtsgeschäft. Denn das heurige Jahr hat gezeigt: Lesen ist in! Des- halb ist mein Appell: Gehen Sie in die Buchhandlungen, sobald es wieder möglich ist, besuchen Sie unsere Webshops, rufen Sie uns an und sorgen Sie dafür, dass das Steuergeld in Österreich bleibt. Hätten Sie abschließend noch ein paar Buchtipps? Es gibt viele Bücher, die es wert sind, gelesen zu werden, von Romanen über Bilderbücher für Kinder oder Jugendliteratur bis zu Sachbüchern. Es ist heuer auch ganz tolle Literatur erschienen, von Monika Helfer etwa, oder vom Gewinner des österreichischen Buchpreises Xaver Bayer, oder von Salzburger Autorinnen wie Birgit Birnbacher. Wir Buchhänd- ler leben ja von den Büchern, die wir das ganze Jahr über lesen und die wir auf Anfrage gerne weiter- empfehlen. Meine persönliche Empfehlung ist: „Die Infantin trägt den Scheitel links“ der Salzburger Schriftstellerin Helena Adler. Weitere Infos Videointerview mit Klaus Seufer- Wasserthal „Gehen Sie in die Buch- handlungen, sobald es möglich ist, und besuchen Sie unsere Webshops“, appelliert der Fachgruppen- obmann. Fotos (2): WKS/Birgit Probst „Es gibt viele Bücher, die es wert sind, gelesen zu werden“, sagt Fachgruppenobmann Seufer-Wasserthal.

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