Salzburger Wirtschaft vom 07.August 2020 / Folge_15

4 · Nr. 15 · 7. 8. 2020 Salzburger Wirtschaft Thema Koloman Költringer Zwar lässt sich die heutige Zeit – trotz schwerwiegender Aus- wirkungen der Corona-Krise auf Wirtschaft und Gesellschaft – kaum mit jener nach dem Ersten Weltkrieg vergleichen. Dennoch lohnt es sich, einen kurzen Blick zurück auf die Gründungszeit der Festspiele zu werfen: Noch in den Wirren des Krieges, im Jahr 1917, formulierte Festspielgründer Max Reinhardt in einer Schrift an die Leitung der kaiserlichen Hof- theater seine Argumentation für Festspiele in Salzburg mit dem Verweis auf den „unversieglichen Strom wohlhabender Reisender“. Weiter hob er hervor, welchen Stellenwert ein derartiges Musik- festival nicht nur für die Kultur, sondern auch für die Bildung einer österreichischen Identität habe und dass es darüber hinaus ein internationales Friedenswerk sei. Trotz widrigster Bedingungen nach dem verlorenen Weltkrieg und dem Zerfall der Habsburger- Monarchie – in der Stadt Salzburg lebten damals kaum mehr als 30.000 Menschen und viele von ihnen litten unter Hunger und Krankheit – schafften es die Fest- spielgründer, ihre Vision langsam, aber sicher in die Tat umzusetzen. Da es um die Finanzierung der Festspiele immer wieder schlecht bestellt war, gab es bereits Anfang der 1920er Jahre einen wegwei- senden Schulterschluss: Stadt, Land, Bund und das Salzburger Gewerbeförderungsinstitut (der Vorläufer des heutigen WIFI der Wirtschaftskammer) steuerten Mittel bei. 1926 folgte dann der nächste wichtige Schritt mit der Gründung des Fremdenverkehrs- förderungsfonds, durch den mit Geldern von Unternehmern insbe- sondere auch die Festspiele unter- stützt wurden. Wichtige Infra- strukturprojekte wie die Schmit- tenhöhe-Seilbahn, der Bau der Großglockner Hochalpenstraße oder die Gaisbergstraße wurden damals ebenfalls angegangen. Eisbrecher-Funktion für gesamte Kultur Obgleich es in den vergange- nen 100 Jahren wiederkehrende Rückschläge – von der Weltwirt- schaftskrise bis zur NS-Zeit – gab, ist die Idee, mit den Festspielen eine „Welt-Kunstzentrale im Her- zen Europas zu schaffen“ (Max Reinhardt) ständig gewachsen und stärker geworden. „Die Salzburger Festspiele sind heute – ohne präpotent zu sein – das wichtigste Klassikfestival der Welt“, betont Festspielpräsiden- tin Helga Rabl-Stadler. Trotz aller Schwierigkeiten habe sie keine Minute daran gezweifelt, dass man in diesem Sommer spielen werde. „Wir haben in einer Zeit, Festspiele als Triebfeder auch in schwieriger Zeit Es ging ein Aufatmen durch Salzburg, als das Festspiel-Direktorium am 9. Juni bekannt gab, dass die Salzburger Festspiele trotz Corona-Pandemie in modifizierter Form stattfinden werden. Denn neben ihrer weltweiten kulturellen Bedeutung sind die Fest- spiele vor allem ein enormer Faktor für die Wirtschaft. Foto: Salzburg Museum Unter dem Titel „Großes Welttheater“ wurde Ende Juli im Salzburg Museum die Landesausstellung zu den Salzburger Festspielen eröffnet. Sie widmet sich der reichen Geschichte dieses weltweit größten Klassikfestivals und läuft bis 31. Oktober 2021. Im Bild das Exponat „The Bird Catcher ’ s Dilemma“ von Yinka Shonibare. Neben den Aufführungen an den Festspiel-Spielorten finden heuer auch wieder die Siemens-Festspielnächte statt. Sie sind das größte Public Viewing der Klassik weltweit und zeigen live auf dem Kapitelplatz den „Jedermann“ sowie die Opern „Elektra“ und „Così fan tutte“. Corona- bedingt ist der Zutritt allerdings nur mit Platzkarte nach Anmeldung möglich. Info unter: www.siemens.at Foto: Siemens

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