Salzburger Wirtschaft vom 24.April 2020 / Folge_8

· 31 Nr. 8 · 24. 4. 2020 Salzburger Wirtschaft Service EU-Binnenmarkt ist für Östereichs Wirtschaft wichtiger denn je Mit der Corona-Krise ist auch der EU-Binnenmarkt mit neuen Her- ausforderungen konfrontiert. Die „Salzburger Wirtschaft“ hat dazu die WKÖ-Generalsekretärin-Stv. Mag. Mariana Kühnel um eine Einschätzung gebeten. Inwieweit hat sich in der Corona-Krise der EU-Binnen- markt verändert? Natürlich leidet auch der EU-Bin- nenmarkt unter den Folgen des Lockdowns in nahezu allen Mit- gliedsstaaten der Europäischen Union. Was wir sehen, ist, dass die südlichen Länder Europas die Corona-Krise besonders hart trifft und dass zahlreiche EU-Mit- gliedsländer in den vergangenen Wochen Hilfspakete geschnürt haben, um ihre Wirtschaft durch diese Krise zu führen. Aus unse- rer Sicht ist und bleibt der Bin- nenmarkt ein Schlüsselinstru- ment für das Funktionieren der Europäischen Union und damit das wichtigste „Werkzeug“ in Europa, wenn es um die Nach- Corona Zeit geht. Fakt ist aber auch, dass in der Zeit nach Corona vieles nicht mehr selbstverständ- lich sein wird. Umso wichtiger ist es, dass wir europaweit unter Wahrung der Sicherheitsauflagen eine Situation der weitestgehen- den Normalität erreichen. Wie stellt sich aktuell die Situation dar, wie funktionieren die Liefer- ketten? Zu Beginn der Corona-Krise sorg- ten Exportbeschränkungen ein- zelner Länder für Schutzkleidung ebenso für Probleme und Unmut wie Grenzkontrollen, die den Warenverkehr, die Arbeitnehmer- entsendung, Pendler sowie die Reisefreiheit behinderten. Die Situation ändert sich von Tag zu Tag und von Land zu Land. In der Bewertung dieser Veränderungen hat die Außenwirtschaftsorganisa- tion der Wirtschaftskammer eine wesentliche Rolle gespielt. Denn dadurch wissen wir tagtäglich, wo die Herausforderungen sind, und haben somit die Möglichkeit, punktgenau entgegenzuwirken. Mittlerweile funktioniert zumin- dest derWarenverkehr wieder eini- germaßen, nicht zuletzt dank der von der EU angestoßenen „Green Lanes“ an den Grenzen. Weiter- hin große Probleme bereiten uns die Auswirkungen auf Arbeitneh- merfreizügigkeit, Grenzgänger und entsendete Arbeitskräfte, die oftmals von strikten Quarantäne- bestimmungen im Zielland oder bei der Rückkehr nach Österreich betroffen sind. Worauf müssen sich Österreichs Exporteure derzeit einstellen? Damit Österreichs Wirtschaft wieder in Schwung kommt, ist es als exportorientiertes Land notwendig, dass sich auch die Wirtschaft unserer wichtigsten Partnerländer erholt. Das ist die Prämisse, nach der sich derzeit alles ausrichtet. Das bedeutet, in einem ersten Schritt werden wir uns um die unmittelbaren Nach- barländer kümmern. Generell eine Prognose zu wagen ist schwierig, aber natürlich wird das Exportjahr 2020 kein leichtes Jahr und Unter- nehmen müssen sich bis auf wei- teres auf vermehrte Hindernisse im EU-Warenverkehr einstellen. Ausgerechnet im 25-jährigen EU-Jubiläumsjahr erschüttert das Coronavirus auch Europas Wirtschaft – welche Per- formance hat die EU in dieser Krise bis jetzt abgeliefert? Corona ist definitiv ein europäi- sches Thema und führende Poli- tiker sprechen bereits von einer „Feuerprobe“ für die EU. Die EU hat mit dem 500 Mrd. € schweren Hilfspaket jetzt ein wichtiges Sig- nal gerade auch in Hinblick auf die gesamteuropäische Solidari- tät gesetzt und bereits zahlreiche weitere Maßnahmen zur Abfe- derung der soziökonomischen Effekte auf den Weg gebracht. Ein rascher Wiederaufbau der Wirtschaft und eine Wiederher- stellung des Binnenmarktes wird aber essenziell sein, um gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen. Die Hoffnung wäre, dass es durch die Krise zu einem Besinnen auf die europäischen Werte kommt und dass nach der Krise auch gemeinsame Positionen zum Standort Europa, zu euro- päischen Schlüsselindus- trien bestehen. Denn die Abhängigkeit von ande- ren Teilen der Welt wird sehr deutlich sichtbar. Wie kann sich der EU- Binnenmarkt wieder von der Krise erholen, welche Maßnahmen wären dazu nötig? So einschneidend die getroffenen Maßnahmen für die Wirtschaft sind, tragen sie jedoch dazu bei, die Pandemie hoffentlich mög- lichst rasch zu bekämpfen, damit schrittweise wieder ein Hochfah- ren möglichst vieler Wirtschafts- zweige erreicht werden kann. In der Zwischenzeit sind sowohl von österreichischer als auch von EU-Seite alle Hilfs- und Unter- stützungsmaßnahmen gefragt – Härtefonds, Notfallfonds, Kurz- arbeitsunterstützung, Liquidi- tätsunterstützung, Stundung von Steuern und Sozialversicherung, usw., damit die österreichischen Unternehmen und ihre Mitarbei- ter möglichst bald wieder in den Normalbetrieb übergehen und diese schwierige Zeit überste- hen können. Sobald die Zahl der Corona-Erkrankten in den meis- ten Ländern der Europäischen Union geringer wird, müssen die noch verbleibenden Beschränkun- gen im Binnenmarkt aufgehoben werden, damit sich die Wirtschaft erholen und weiterhin ihren Bei- trag für Wohlstand und Wachs- tum in Europa leisten kann. Foto: WKÖ/Marek Knopp „Der Binnenmarkt bleibt ein Schlüssel- instrument für das Funktionieren der EU.“ Mag. Mariana Kühnel

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