Salzburger Wirtschaft vom 16. Oktober 2020 / Folge_20

· Lungau-Special · 3 Nr. 20 · 16. 10. 2020 Salzburger Wirtschaft Lichtblicke auch in Corona-Zeiten Der Tamsweger Buchhändler und Verleger Wolfgang Pfeifenberger (53) ist seit zwölf Jahren Obmann der WKS-Bezirksstelle Lungau. Im SW-Interview erzählt er, wie sich der Bezirk aktuell entwickelt und was er sich für die Zukunft der Region wünscht. Die Zeiten, in denen der Lungau innerhalb der Salzburger Regionen ein Mauerblümchendasein gefristet hat, sind längst vorbei. Heute scheint der Bezirk eher auf der Überhol- spur zu sein. Täuscht dieser Eindruck? Dieser Eindruck stimmt sicher, denn in den vergangenen Jahren ist im Lungau viel passiert, wenn ich nur an das UNESCO-Zertifikat „Biosphärenpark“ oder das neue „Biosphere Lab Lungau“ denke. Wir sind zwar immer noch eine „Randzone“ in Salzburg, verfügen aber trotzdem über Stärken, um die uns andere Regionen benei- den. Dazu gehören zum Beispiel eine intakte Umwelt mit hoher Lebensqualität, eine krisenresis- tente, klein strukturierte Wirt- schaft und hervorragend ausge- bildete Mitarbeiter. Ein wichti- ger Schritt in den vergangenen Jahren war zudem die Bündelung der Kräfte im Tourismus. Die ursprünglich 15 Tourismusver- bände wurden auf zwei reduziert. Ziel ist es, dass es künftig nur mehr einen einzigen Lungauer Tourismusverband gibt, der den beschlossenen Tourismus-Mas- terplan konsequent umsetzt. Wie geht es dem Bezirk in Zeiten von Corona? Wie stel- len sich die Auswirkungen auf die Wirtschaft dar? Natürlich können wir uns von den negativen Begleiterscheinungen der Pandemie nicht abkoppeln. Dennoch gibt es im Lungau – im Vergleich zu anderen Bezirken in Salzburg – einige erfreuliche Lichtblicke. Da wäre einmal das Nächtigungsplus im August von 3,5% im Vergleich zum Vorjahr (siehe auch S. 6). Und auch unser Arbeitsmarkt steht aktuell recht gut da. Laut AMS-Statistik lag die Zahl der Arbeitslosen im Lungau im September um 9% unter dem Vergleichswert des Vorjahres. Das ist unter anderem ein Zei- chen dafür, dass auch in Corona- Zeiten die Fachkräfteproblematik das Top-Thema für die Wirtschaft ist. Entscheidend für die weitere gute Entwicklung wird natürlich sein, wie bzw. ob man eine erfolg- reiche Wintersaison bewerkstel- ligen kann. Denn auch im Lungau spielt der Tourismus bekanntlich eine entscheidende Rolle. Sie haben den „Biosphären- park“ erwähnt. Wie wichtig war und ist dieses Zertifikat für die Region? Da gab es zu Beginn viel Skepsis und es dauerte einige Zeit, bis der Begriff und auch das Angebot mit Inhalten gefüllt wurden, z. B. mit dem „Biosphärenhaus“ und vielen touristischen Highlights. Aber es wird auch künftig wich- tig sein, unter der Dachmarke „Biosphärenpark“ die eigenstän- dige „Marke Lungau“ zu trans- portieren. Dazu braucht es ein gemeinsames starkes Auftreten, Kooperationen und vor allem Ini- tiativen und Engagement. Welche Rolle spielt dabei das „Biosphere Lab Lungau“? Das „Biosphere Lab Lungau“ – getragen von Wirtschaftskam- mer, Regionalverband und Raiff- eisenbank Lungau sowie von Silicon Castles – ist eine regio- nale Initiative, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das Potenzial der Region zu entfalten. Im Biosphere Lab sollen werthaltige Technolo- gien entwickelt werden, die einen Mehrwert für die Region haben. Daraus sollen regional als auch global erfolgreiche Start-ups ent- stehen, die mit Qualitätsarbeits- plätzen die Lebensgrundlage für junge Lungauer in ihrer Heimat sichern. Mit der „Viabirds Tech- nologies GmbH“ hat bereits das erste Start-up dieser Initiative den Marktstart geschafft (siehe auch S. 9). Sie setzen sich als Bezirks- stellenobmann auf allen Ebenen für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes ein. Wie geht es voran? Eine Stärkung des Wirtschafts- standortes und damit der gesam- ten Region hat oberste Priori- tät und beinhaltet vielfältigste Maßnahmen, wie beispielsweise die Förderung von Start-ups und Betriebsansiedlungen oder die Digitalisierung im ländlichen Raum. Trotz erschwerter Bedin- gungen sehe ich derzeit eine hohe Investitionsbereitschaft unserer Betriebe: im Gastronomie- und Beherbergungsbereich ebenso wie im Handel und Gewerbe. Und das nicht nur in den Zentralorten Tamsweg und St. Michael, son- dern auch in kleineren Gemein- den, wie etwa St. Margarethen. Sehr dynamisch entwickelt sich in jüngster Zeit auch Mariapfarr. Politik und Interessenvertretung sind gefordert, die Rahmenbedin- gungen so zu gestalten, dass diese positive Entwicklung anhält. Was ist Ihr Wunsch für den Lungau für die nächsten Jahre? Ich wünsche mir, dass die mittel- ständische Struktur in der Lun- gauer Wirtschaft auch in Zukunft erhalten bleibt und dass wir wei- terhin starke Ortszentren und eine gesunde Branchenvielfalt mit krisensicheren Arbeitsplätzen haben und die vielfältigen Bemü- hungen um Lehrlinge und Fach- kräfte letztlich entsprechende Früchte tragen. Aber ich möchte auch, dass wir – und damit meine ich Bevölkerung, Wirtschaft, Politik und alle gesellschaftli- chen Kräfte – künftig noch stär- ker an einem Strang ziehen. Was wir brauchen, ist eine „Seilschaft der Kompetenz“, in der sich jeder wiederfindet. Wolfgang Pfeifenberger, Obmann der WKS-Bezirksstelle Lungau. Entwicklungschance Biosphärenpark Seit Juli 2012 ist der Salzbur- ger Lungau gemeinsam mit den Kärntner Nockbergen ein UNESCO-Biosphärenpark. Er ist der jüngste und größte Biosphä- renpark Österreichs. Biosphärenparks sind Groß- schutzgebiete, die weltweit wich- tige und einzigartige Natur- und Kulturlandschaften repräsentie- ren. Sie sind Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsraum und kennzeich- nen besonders wertvolle Lebens- räume in Bezug auf ihre natür- lichen Werte und auf die lokale Bevölkerung und Kultur. Das Ziel eines Biosphärenparks ist es, die biologische und kulturelle Viel- falt zu sichern und die Entwick- lung der Region gemeinsam mit der Bevölkerung voranzutreiben. www.biosphaerenpark.eu Foto: Biosphärenpark Lungau Foto: WKS/Hechenberger

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