Salzburger Wirtschaft vom 21.August 2020 / Folge_16

· Handel · 25 Nr. 16 · 21. 8. 2020 Salzburger Wirtschaft Shutdown hinterlässt tiefe Spuren Der stationäre Einzel- handel musste im ersten Halbjahr deut- liche Umsatzrückgänge hinnehmen. Auch die Zahl der Beschäftigten ist gesunken. Zu Jahresbeginn war noch alles eitel Wonne: Im Jänner und Feb- ruar durften sich Salzburgs Ein- zelhändler über Umsatzzuwächse von 3,1% bzw. 7,5% freuen. Dann kam die Corona-Pandemie und ein wochenlanger Shutdown für den Großteil der Geschäfte. Die Folgen waren dramatisch: Im März und April brachen die Umsätze laut einer Erhebung der KMU Forschung Austria in wei- ten Teilen des Handels völlig ein. Allein in Salzburg mussten die stationären Geschäfte in diesen beiden Monaten einen Umsatz- entgang von 170 Mill. € verkraf- ten. Im Mai (+2%) und Juni (-1,9%) erreichten die Erlöse im Handel zwar wieder das Niveau des Vor- jahres – allerdings mit beträcht- lichen Unterschieden zwischen den Branchen. „Für uns war der Shutdown das Worst-Case-Sze- nario schlechthin“, sagt KommR Hartwig Rinnerthaler, Obmann der Sparte Handel in der WK Salzburg. In Summe erwirtschafteten die Salzburger Einzelhändler im ers- ten Halbjahr 2020 Nettoumsätze in Höhe von 2,1 Mrd. €. Das ist ein Minus von 5,8% gegenüber 2019. Mehr als die Hälfte der Geschäfte verzeichnete Umsatz- rückgänge, 12% konnten das Vorjahresergebnis wiederholen. „Viele Betriebe müssen jetzt alles daransetzen, wenigstens ihre lau- fenden Kosten zu erwirtschaften. Da ist es ein schwacher Trost, dass die Erlöse bei jedem dritten Händler gestiegen sind“, erklärt Rinnerthaler. Die Corona-Krise wirkt sich auch auf den Arbeitsmarkt aus. Aktuell beschäftigt der Einzel- handel in Salzburg rund 24.900 Mitarbeiter. Das sind um 2,2% oder 600 Personen weniger als vor einem Jahr. Weil viele Beschäftigte in Kurzarbeit sind, könnte diese Zahl in nächster Zeit noch weiter steigen. Die gedämpfte Kauflust der Konsumenten trifft vor allem den Schuh- und Lederwarenhan- del, den Modehandel sowie den Uhren- und Schmuckhandel hart. Hier gab es in der ersten Jahres- hälfte österreichweit Umsatzein- brüche jenseits der 30-%-Marke. Im Lebensmittelhandel, der von den Geschäftsschließungen nicht betroffen war, ist der Umsatz dagegen um mehr als 10% gewachsen. Der Einzelhandel mit Bau- und Heimwerkerbedarf kam auf ein leichtes Plus von 1,2%. In den meisten Branchen dürf- ten die Vorjahresumsätze aber außer Reichweite sein. „Jetzt hängt viel von der weiteren Ent- wicklung in den nächsten Mona- ten und vor allem vom Weih- nachtsgeschäft ab“, meint Rin- nerthaler. Der Lebensmittelhandel war in den vergangenen Monaten die einzige Einzelhandelsbranche, die ein sattes Umsatzplus ver- zeichnen konnte. Foto: WKO/Corbis „Pfandsystem nützt in Wahrheit niemandem“ WKS-Präsident Peter Buchmüller kritisiert: Ein teures Pfandsystem bringt nur kleine Händler um – besseres Recycling gelingt auch ohne Belastung der Unternehmen. Verstärktes Recycling und das Zukunftskonzept Kreislauf- wirtschaft sind wichtig. „Aber das muss anders gehen, als die Betriebe mit einem enorm auf- wendigen und bürokratischen Pfandsystem zu belasten“, stellt WKS-Präsident Peter Buchmüller fest. „Das ist der x-te Versuch, ein gutes Ziel mit schlechten Mit- teln erreichen zu wollen“, erklärt Buchmüller zu den Bemühungen von Klimaschutzministerin Leo- nore Gewessler, ein Pfandsystem für Getränkegebinde aus Kunst- stoff einzuführen. „So geht das mit Sicherheit nicht, dem Handel ein 60 Mill. € teures Belastungs- paket umzuhängen, das letzt- lich keinem nützt“, warnt Buch­ müller. Ein Pfandsystem, das der Han- del abzuwickeln hätte, würde für viele kleine Händler aufgrund der Kosten und des Logistikauf- wandes das Ende bedeuten. Viele haben auch gar nicht ausreichend Platz dafür. Schon jetzt ist die Situation der kleinen Lebens- mittelhändler (unter 250 m² Ver- kaufsfläche) sehr schwierig: Laut einer Studie schreiben sie im Durchschnitt Verluste in Höhe von 1.139 € pro Jahr. Die Pfand- einführung würde jährliche Kos- ten von 10.432 € pro Standort verursachen. Todesstoß für die Nahversorgung Ein Einwegpfand würde zu weiteren durchschnittlichen Verlusten von 1,73% des Netto- Umsatzes führen. „Wer dennoch Pfandsysteme einführen möchte, verleiht der Nahversorgung in den Regionen den Todesstoß“, warnt Buchmüller. Die kleinen Händler aus einem Pfandsystem auszunehmen, käme jedoch einer Wettbewerbs- verzerrung gleich, weil dann Konsumenten nur mehr dort ein- kaufen, wo sie das Einwegpfand auch einlösen können. Das heißt: Die kleinen Geschäfte verlieren Kundenfrequenz und Umsatz – und kommen auch dann unter die Räder. Auch für die Konsumenten ver- schlechtere sich die Lage: Die bis- herige Sammelstruktur (z. B. zwei Millionen Rückgabemöglichkei- ten für geleerte Getränkeplastik- flaschen) wäre bei einem Pfand- system überflüssig oder würde sich stark verringern, das heißt, Konsumenten müssen weitere Wege zur Abgabe ihrer Verpa- ckungen zurücklegen. Das würde das Entsorgen von Flaschen am Straßenrand eher fördern als abbauen. Schon jetzt sind die Sam- melquoten mit 70% (im Öster- reich-Schnitt) fast so hoch sind wie in Ländern mit Pfandsystem. Bundesländer wie Tirol oder Vor- arlberg, die fast 90% an Sammel- quoten erreichen, beweisen, dass es auch ohne Pfandsystem geht. Die Wirtschaftskammer setzt daher auf den Ausbau des Sam- melsystems für Haushalte und Unternehmen, auf verstärkte Bewusstseinsbildung und eine bessere Aussortierung von Wert- stoffen. Ein teures Pfandsystem für Plastikflaschen klingt gut, bringt aber nichts. Foto: BillionPhotos/stock.adobe.com

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