Salzburger Wirtschaft vom 07.August 2020 / Folge_15

10 · Nr. 15 · 7. 8. 2020 Salzburger Wirtschaft Österreich Standort stärken – Klimaziele erreichen WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf erläutert im Gespräch, wie wichtig die Ankurbelung der Investitionstätigkeit für den Wirtschaftsstandort ist. Denn Investitionen sind die Grund- voraussetzung, damit die durch die Corona-Krise geschwächte Wirtschaft wieder auf die Beine kommt. Das Wiederbeleben der Wirtschaft und das Vorantreiben des Klimaschutzes sind die gro- ßen Herausforderungen, die es jetzt zu bewältigen gilt. Herr Generalsekretär, wir stehen derzeit mitten in einer der schwersten Wirtschaftskrisen seit dem Zweiten Weltkrieg. Welche Schritte sind für die Wirtschaft jetzt wichtig? Kopf: Wir stehen derzeit vor zwei großen Herausforderungen: Zum einen sind Unternehmen aller Größen durch die Corona-Krise massiv unter Druck geraten und es gilt jetzt, die geschwächte Wirtschaft wieder zu beleben. Zum anderen müssen wir den Klimaschutz ganz oben auf die politische Agenda setzen. Beide Ziele haben gemein, dass wir die dafür notwendigen Investitionen massiv hochfahren müssen. Mit dem Investitionsprämiengesetz wurde bereits ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Es braucht aber noch zusätzliche Impulse. Denn Investitionen werden nur getätigt, wenn die rechtlichen Rahmenbedingun- gen stimmen. Dazu gehört auch die Dauer von Genehmigungs- verfahren. Wie sieht es denn aktuell mit der Investitionstätigkeit in Österreich aus? Kopf: In der aktuellen Krisensitu- ation ist die Investitionstätigkeit bei Unternehmerinnen und Unter- nehmern in Österreich äußerst verhalten. Die WIFO-Konjunk- turprognose vom Juni prognosti- ziert für die Bruttoinvestitionen in Ausrüstungen für 2020 einen Rückgang um –14 Prozent, von über vier Milliarden im Vergleich zum Vorjahr. Das zeigt auch das aktuelle Wirtschaftsbarometer, die Konjunkturumfrage der Wirt- schaftskammer Österreich, bei der im Mai 2020 6.899 Unterneh- men befragt wurden. Mehr als die Hälfte davon gaben an, dass sie ihr Investitionsvolumen in den kommenden Monaten zurück- fahren wollen. 30% wollen das Investitionsvolumen zumindest auf demselben Niveau halten, und nur etwa drei Prozent sind bereit, zusätzliche Investitionen zu tätigen. Was für Auswirkungen hat diese Entwicklung auf den Wirtschaftsstandort Österreich? Kopf: Investitionen sind eine Grundvoraussetzung, um dem geschwächten Wirtschaftsmotor neuen Schub zu geben. Insbeson- dere für die Energie- und Mobili- tätswende braucht es jetzt Investi- tionen in die Infrastruktur, um für die Zeit nach der Krise vorberei- tet zu sein. Wichtig sind deshalb Anreize, um Impulse zur Stärkung des Standorts und des Klimaschut- zes zu schaffen. Das schaffen wir aber nur, wenn die Bewilligun- gen dieser Projekte eine spürbare Beschleunigung erhalten. Warum verzögern sich die Verfahren so stark? Kopf: Aktuell befinden sich pri- vate und staatliche Investitio- nen in Höhe von mindestens 15 Mrd. € in der Pipeline. Aufgrund der langen Verfahrensdauer der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) kamen diese Projekte aber nicht zur Realisierung. Die realen Verfahrensdauern sind meilen- weit von den gesetzlichen Vorga- ben entfernt. Je nach Verfahrens- art sind das in erster Instanz bis zu zwölf Monate, in zweiter Ins- tanz bis zu sechs Monate. Bei gro- ßen Infrastrukturprojekten dauert es nicht selten fünf bis zehn Jahre, bis die Genehmigungen durch sind. 40% der Prüfungen bezie- hen sich auf Energieprojekte, von denen auch die Erreichung der Klimaziele abhängt. Lange Verfahren schrecken wichtige Investoren ab und kommen die Steuerzahler teuer zu stehen. Wir fordern deshalb, unnötige Verfah- rensschleifen zu vermeiden und unionsrechtlich nicht erforderli- chen Ballast abzuwerfen. Wie wollen Sie es schaffen, die Verfahren zu beschleunigen? Kopf: Wir haben eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet, die die Warteschleifen bei Umweltver- träglichkeitsprüfungen beschleu- nigen sollen. Dazu gehört in erster Linie, Rechtssicherheit für Inves- toren zu schaffen und klare Fristen für Stellungnahmen und Beweis- anträge zu setzen. Ausgleichsmaß- nahmen sollen von der Geneh- migung entkoppelt und damit erleichtert werden. Wir fordern, dass für Infrastrukturprojekte ein One-Stop-Shop-Prinzip zur Anwendung kommt, wie es aktu- ell bereits für Industrieanlagen oder Starkstromleitungen üblich ist. Die Klärung von Umweltver- träglichkeitsprüfungen sollte auf fünf Jahre begrenzt werden. Auch die aktuell übliche Ausweisung der Verfahrensdauern gehört nach unserer Ansicht überarbeitet: Mit der Angabe eines arithmetischen Mittelwerts und der Clusterung nach Projekttypen könnten wir eine praxisnahe und übersichtli- che Faktenbasis schaffen und den Druck erhöhen. WKÖ-General­ sekretär Karlheinz Kopf im Gespräch. „Rechtssicherheit und Transparenz, das ist es, was wir jetzt für unsere Investorinnen und Investoren brauchen.“ „Investitionen sind eine Grundvoraussetzung, um dem Wirtschaftsmotor neuen Schub zu geben.“ Foto: WKÖ/Marek Knopp

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