Salzburger Wirtschaft vom 15. Jänner 2021 / Folge_1

28 · Nr. 1 · 15. 1. 2021 Salzburger Wirtschaft Service Damit konnte ein drohender „No Deal“ abgewendet werden. Es ist allerdings ein Vertrag ohne Sieger. Selbst mit dem neuen Handels- und Kooperationsab­ kommen kommt es ab 2021 zu großen Veränderungen, denn das Vereinigte Königreich scheidet aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion sowie aus allen Politikbereichen und internatio­ nalen Abkommen der EU aus. Der freie Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapital­ verkehr zwischen dem Vereinig­ ten Königreich und der EU wird damit beendet. Nordirland hat eine Sonderstellung und bleibt im EU-Binnenmarkt. Unternehmen erleichtert, aber nicht in Jubelstimmung „Der Durchbruch bei den Ver­ handlungen zu einem Handels- und Kooperationsabkommen der EU mit dem Vereinigten König­ reich (VK) lässt die Unternehmen zwar nicht jubeln, aber zumindest vorerst aufatmen“, sagt Mag. Tho­ mas Albrecht, Leiter des WKS- Fachbereichs Handelspolitik und Außenwirtschaft. „Trotz weitge­ hender Beibehaltung von Null­ zöllen im bilateralen Handel mit dem Vereinigten Königreich kann das Abkommen die Einschrän­ kungen und Zusatzkosten durch das Ausscheiden aus dem Bin­ nenmarkt und der Zollunion mit Sicherheit nicht ausgleichen. Wie mit jedem Drittland gibt es auch Grenzkontrollen sowie umfang­ reiche Zollformalitäten. Salz­ burgs Unternehmen haben sich die vergangenen Monate bereits auf den ‚Worst Case‘, d. h. auf die No-Deal-Situation mit Zollpro­ zessen und Zollabgaben vorbe­ reitet. Nun sind die befürchteten Abgaben durch das neue Abkom­ men abgewendet, nicht aber die Zollprozesse“, ergänzt Albrecht. Neue nicht-tarifäre Handelshemmnisse für die Wirtschaft Seit Jahresbeginn 2021 wer­ den viele neue nicht-tarifäre Handelshemmnisse sowie zeit- und kostenintensive administra­ tive Mehrbelastungen, wie die Abgabe von Zollanmeldungen, auf die Wirtschaft zukommen. Ab sofort sind nur mehr Waren mit Ursprung in der EU oder im VK zollfrei. „Das ausverhandelte Handels- und Kooperationsab­ kommen kann sicherlich nur ein erster Schritt sein, um die beider­ seitigen Handelsbeziehungen auf eine stabile Basis zu stellen. Wir müssen jetzt den Blick nach vorne richten und die Chancen der wirt­ schaftlichen Zusammenarbeit in den Mittelpunkt stellen, um die gemeinsame Zukunft erfolg­ reich zu gestalten. Das Vereinigte Königreich wird auch nach dem Austritt aus der EU für Salzburg ein wichtiger Handelspartner bleiben“, ist Albrecht überzeugt. Unsicherheiten im VK-Geschäftsverkehr Auch Mag. Claudia Zoff, Mana­ ging Director der Alpen-Maykes­ tag GmbH in Puch, bestätigt den Mehraufwand bei den Zollforma­ litäten: „Da wir aber weltweit in 70 Länder liefern, ist die Zollab­ wicklung für uns kein Neuland. Wir haben kompetente Mitarbei­ ter, die mit der Materie vertraut sind. Natürlich gibt es noch ein paar Unsicherheiten, hier wird man wohl erst in Zukunft mehr dazu sagen können. Grundsätz­ lich sehen wir es aber positiv, dass wir keine Zölle für Ursprungs­ waren der Präferenzzone haben. Entscheidend wird zudem sein, wie sich das Pfund entwickelt. Alternativmärkte stehen für uns nicht zur Debatte, aber natürlich versuchen wir, andere Märkte in der EU zu pushen.“ Die wichtigsten Inhalte f Warenhandel: Wesentlich ist, dass seit 1. Jänner 2021 eine neue Zollgrenze das Vereinigte Königreich von der EU trennt. Diese neue Zollgrenze ist ver­ bunden mit Zollanmeldungen für Ausfuhr und für Einfuhr, administrativem Aufwand für die Zollverwaltung, Steh­ zeiten für die Transportmittel, finanziellem Aufwand für die Erstellung der Warenbegleit­ papiere und die Kalkulation des präferenziellen Ursprungs. Gleichzeitig können durch das neue Abkommen aber Zollsätze und Quoten für Waren aus der Brexit-Deal ist fix: Bürokratieaufwand steigt Nach zehn Monaten zäher Verhandlungen haben sich die EU und das Vereinigte Königreich „last minute“ auf ein Handels- und Kooperationsab- kommen geeinigt, das die Beziehungen ab 1. Jänner 2021 regelt. Großbritannien ist und bleibt für Salzburg weiter ein bedeutender Handelspartner. Nach dem Brexit-Deal warten auf Unternehmer viele Zollformalitäten. Foto: benjaminnolte/stock.adobe.com

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