Salzburger Wirtschaft vom 08.Mai 2020 / Folge_9

10 · Nr. 9 · 8. 5. 2020 Salzburger Wirtschaft Österreich „Starkes Comeback wird gelingen“ Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer im Interview: Herr Präsident, wie geht es Ihnen persönlich in der Krise und wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus? Mahrer: Die letzten Wochen waren für uns alle in der Wirt- schaft extrem fordernd und arbeitsintensiv. Wir haben gemeinsam mit der Regierung versucht, das Schlimmste zu verhindern. Verhandlungen im Bundeskanzleramt, um die Eck- punkte der Hilfe für die Betriebe zu definieren, Treffen mit den Mitgliedern unserer Krisenstäbe, Videokonferenzen mit unseren Partnern in Ländern rund um den Globus und zahllose Telefon­ gespräche mit Kolleginnen und Kollegen aus der Unternehmer- schaft. Überall ist viel Emotion im Spiel und ich habe mich bemüht, einen kühlen Kopf zu bewahren. Diese Ausnahmesitua- tion hinterlässt bei uns allen Spu- ren, auch bei mir. Ich gebe mich keiner Illusion hin: Das Wieder- hochfahren der Wirtschaft wird uns alle, Betriebe, Mitarbeiter und die Familien, vor eine harte Prüfung stellen. Aber ich bin ein positiv denkender Mensch und ich kenne unsere Unternehmer. Ihre Kreativität, ihre Leistungs- kraft, ihre Leidenschaft. Gemein- sam schaffen wir das. Wieso wurde die Wirtschaftskammer mit der Durchführung des Härtefallfonds betraut? Mahrer: Die Regierung war auf der Suche nach einer Institution, die sowohl über das Know-how, die Struktur als auch über die Ressourcen verfügt, um eine sol- che Aufgabe abzuwickeln. Wir haben durch interne Umschich- tungen ausreichend Kapazitäten geschaffen, um die Abwicklung schnellstmöglich bewerkstelli- gen zu können. Bei der ersten Phase des Härtefallfonds wurden rund 145.000 Anträge gestellt und es wurden 122 Mill. € an Soforthilfe ausgezahlt. Seit 20. April gibt es die Möglichkeit, Anträge für die zweite Phase des Härtefall- fonds zu stellen. Was hat sich geändert? Mahrer: Bei der zweiten Phase des Härtefallfonds ist es uns gelun- gen, den Bezieherkreis zu erwei- tern. Die Einkommensgrenze ist gefallen, es gibt keine Beschrän- kungen beim Gründungsdatum und Mehrversicherte wurden ebenfalls berücksichtigt. Also ein weiteres Sicherheitsnetz für Kleinstunternehmer und EPUs, die besonders hart von der Krise betroffen sind. Wichtig ist, dass diese kleine Soforthilfe nicht mit dem Corona-Hilfsfonds verwech- selt werden sollte, aus dem die Unternehmer Kostenzuschüsse bei Umsatzeinbrüchen von mehr als 40% bekommen werden. Mittlerweile wurden die Mittel für die Kurzarbeit um mehrere Milliarden Euro weiter aufgestockt. Ist dies die beste Option, um Arbeitsplätze zu sichern? Mahrer: Mit der Corona-Kurz- arbeit haben wir ein Modell auf den Weg gebracht, das Arbeit- gebern und Arbeitnehmern glei- chermaßen durch die Krise hilft. Bislang wurden 40.000 Anträge von Unternehmen eingebracht und damit rund 900.000 Arbeits- plätze in Österreich gesichert. Die hohe Nachfrage zeigt deut- lich, dass wir mit dieser Maß- nahme richtig gelegen sind. Gleichzeitig arbeitet das AMS daran, die Prozessabläufe an der Schnittstelle zu den Unterneh- men zu beschleunigen, denn dort waren die Strukturen nie für eine derartig gewaltige Antragslawine ausgerichtet. Es wird von Woche zu Woche besser. Belebt die derzeitige Krise die Sozialpartnerschaft? Mahrer: Alle Seiten haben daran gearbeitet, unbürokratisch und rasch Hilfsmaßnahmen umzu- setzen. Dass es uns gemein- sam gelungen ist, das Paket der Kurzarbeit in nur drei Stunden zu schnüren, halte ich im Ver- gleich zu dem sonst monatelan- gen Tauziehen für eine sehr gute Leistung. Nur so konnte unser gemeinsames Ziel, Österreich bestmöglich durch die Krise zu führen, auch verfolgt werden. Sozialpartnerschaft darf eben nicht wie das Handeln auf dem Basar sein. Wie sieht Ihre Prognose für die weitere Wirtschafts- entwicklung aus? Mahrer: Wir stellen uns auf eine harte Zeit ein. Aber: Jede Krise bietet auch Chancen für die Muti- gen und in die Zukunft denken- den Unternehmer. Wir setzen uns jetzt parallel neben der Beglei- tung des Wiederhochfahrens auch mit den strategischen Optio- nen für Österreichs Wirtschaft auseinander. Die Bewältigung der Tagesprobleme muss funk- tionieren. Aber auch das Vorbe- reiten einer Steuerreform, eines neuen Wachstumspaketes mit Investitionsförderungen und wei- teren intelligenten Maßnahmen sind notwendig. In Europa wer- den wir uns künftig noch besser auf Krisen wie diese vorbereiten und Reindustrialisierung stärken müssen, um in der Lage zu sein, wichtige Güter regional zu produ- zieren. Gerade jetzt ist Unterneh- mertum gefragt, das durch krea- tive und innovative Ideen neuen wirtschaftlichen Aufschwung und Arbeitsplätze schafft. Wich- tig erscheint mir auch die posi- tive Kommunikation, damit wir aus der Angststarre herauskom- men: Ja, sage ich, geht einkau- fen, besucht Restaurants, macht Wochenendurlaube. So wird uns dann auch der Neustart und ein starkes Comeback gelingen. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer im Gespräch. „In Europa werden wir künftig die Reindustrialisierung stärken müssen, um wichtige Güter regional produzieren zu können.“ „Ich kenne unsere Unternehmer. Ihre Kreativität, ihre Leistungskraft, ihre Leidenschaft. Gemeinsam schaffen wir das.“ Foto: Fotograf & Fee

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