Salzburger Wirtschaft vom 18. Dezember 2020 / Folge_24

10 · Nr. 24 · 18. 12. 2020 Salzburger Wirtschaft Österreich „Brauchen langfristig ausgerichtete Investitionen“ WKÖ-Generalsekretär Karl- heinz Kopf im Interview über die ambitionierte Klimapolitik der Europäischen Union und die Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Europa. Herr Generalsekretär, vergangene Woche hat die EU ihr Klimaziel bis 2030 festgezurrt: 55% weniger Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990. Was sagen Sie dazu? Ich halte es für sehr, sehr ambi- tioniert. Die Wirtschaft ist bereit, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Aber es geht nicht nur um immer höher, weiter, schnel- ler, sondern es muss auch jemand Wege aufzeigen, wie die Ziele erreicht werden sollen. Diese Maßnahmen und Strategien feh- len noch. Sie sagen, im European Green Deal fehlen einige wichtige Bausteine. Welche sind das? Es geht um die richtigen Begleit­ maßnahmen. Dazu zählen die Abfederung für den Industrie­ standort, langfristig ausgerichtete Investitionsprogramme oder auch entsprechende Rahmenbe­ dingungen, damit die Wasser­ stoffproduktion Fahrt aufnehmen kann. Wird es zu einer Abwanderung der Industrie in Länder mit weniger strenger Klimaschutz­ regelung kommen? Das ist zu befürchten. Wir müs- sen daher zumindest für eine gewisse Übergangszeit aus­ reichend Gratiszertifikate für die Industrie zur Verfügung stellen. Außerdem ist der CO₂-Preis für die Industrie zu deckeln, denn Investitionen in Europa müssen sich auch in Zukunft noch rech- nen. Was ist aus Ihrer Sicht notwendig, um Klima- schutz vernünftig um­ zusetzen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten? Wir haben hierzu zehn Forderun- gen ausgearbeitet. Sie beginnen bei der Nutzung der Chancen, die Klimaschutz ja auch bietet, im In- und im Ausland, etwa durch entsprechende Anreize im Bereich der Gebäudesanierung oder durch die Entwicklung von Exportmärkten für nachhaltige Technologien und Produkte. Ganz wichtig ist zudem die Verfahrens- beschleunigung. Mit Genehmi- gungsverfahren, die bei klima­ relevanten Schlüsselprojekten bis zu zehn Jahre dauern, werden wir die Energiewende verfehlen. Beispiel fur ein österreichisches Industrieunternehmen bei Verschärfung des EU-Ziels auf 55%. Grafik: WKÖ € 250.000 € 1.350.000 € 2020 2030 Foto: WKÖ/Marek Knopp Klimaschutz mit Hausverstand Die EU-Kommission will die CO₂-Reduktions­ verpflichtung bis 2030 auf 55 Prozent erhöhen. Die Wirtschaftskammer bekennt sich zum Klimaschutz. Anstelle des Wettlaufs um immer höhere Ziele müs- sen aber die Maßnahmen zur CO₂-Reduktion im Vordergrund stehen. Denn eine Klimapolitik gegen die Bevölkerung und gegen die Wirtschaft hat wenig Aussicht auf Erfolg. Fakten Klima. „Ganz wichtig ist die Verfahrensbeschleunigung. Mit Genehmigungsverfahren, die bei klimarelevanten Schlüsselprojekten bis zu zehn Jahre dauern, werden wir die Energiewende verfehlen.“ „Es geht um die richtigen Begleitmaßnahmen. Dazu zählen die Abfederung für den Industriestandort, langfristig ausgerichtete Investitionsprogramme oder auch entsprechende Rahmenbedingungen.“ Karlheinz Kopf, WKÖ-Generalsekretär

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