Salzburger Wirtschaft vom 18. September 2020 / Folge_18

20 · Nr. 18 · 18. 9. 2020 Salzburger Wirtschaft Branchen Neue Corona-Regeln zu rasch und hart Mit gemischten Gefühlen reagieren Tourismus und Handel auf die seit vergangenen Montag geltenden verschärften Corona-Maßnahmen. In einem sind sich die Branchenvertreter allerdings einig: Ein zweiter Lockdown muss unbedingt verhindert werden. Aufgrund der steigenden Covid- 19-Infektionszahlen in Österreich hat die Bundesregierung Ende vergangener Woche eine Ver- schärfung der Schutzmaßnahmen bekannt gegeben. Seit vergange- nem Montag, 14. September, gel- ten daher folgende bundesweite Regelungen: Ein verpflichtendes Tragen von Mund-Nasen-Schutz- masken (MNS-Masken) gilt für den gesamten Handel in allen Kundenbereichen in geschlos- senen Räumen sowie in Dienst- leistungsbetrieben mit Kunden- kontakt. Für die Gastronomie gilt ein verpflichtendes Tragen von MNS- Masken für Servicepersonal mit Gästekontakt sowie die Konsuma- tion von Speisen und Getränken indoor nur mehr am Sitzplatz. Für Veranstaltungen gelten folgende Obergrenzen: Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze dür- fen indoor maximal 50 Personen umfassen, outdoor maximal 100 Personen. Großveranstaltungen mit zugewiesenen Sitzplätzen sind indoor auf maximal 1.500 Personen begrenzt, outdoor auf maximal 3.000 Personen. „Im Sinne der allgemeinen Sicherheit und der Verhinde- rung eines zweiten Lockdown tragen wir die vorgeschriebenen Maßnahmen mit und können sie aufgrund unserer Erfahrungen aus der Vergangenheit auch gut umsetzen“, sagt Albert Ebner, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WKS. Die starken Einschränkun- gen bei Veranstaltungen seien für viele Gastronomiebetriebe allerdings ein herber Schlag und nur schwer zu verdauen. „Gerade jetzt hätte es viele Hochzeiten gegeben und auch die meisten Advent- und Weihnachtsfeiern sind unter diesen Vorgaben nicht durchführbar und müssen abge- sagt werden. Das ist nicht nur traurig für alle Betroffenen, son- dern ist mit großen Einnahme­ verlusten für die Betriebe ver- bunden“, sagt Ebner weiter. Zwar sei es begrüßenswert, dass die neuen Regeln österreichweit einheitlich gelten, die Kurzfristig- keit der Maßnahmen stößt aller- dings auf großes Unverständnis. „Die neuen Maßnahmen wurden am Freitag offiziell bekannt gege- ben und sind bereits drei Tage später in Kraft getreten. Mit die- ser Vorgangsweise hat man viele vor den Kopf gestoßen“, sagt Ernst Pühringer, Obmann der Fach- gruppe Gastronomie in der WKS. Unverständlich sei zudem, wie man nur wenige Tage zuvor aufwändig eine österreichweite Corona-Ampel vorstellen kann, um dann das System mit neuen Maßnahmen praktisch wieder über den Haufen zu werfen. „Bei der Umsetzung der neuen Maß- nahmen hätten wir uns schon eine längere Übergangszeit und ein koordinierteres Vorgehen gewünscht. Das werden wir für die Zukunft einfordern und so nicht mehr hinnehmen“, betonen Ebner und Pühringer. Schwerer Einschnitt für die Händler KommR Hartwig Rinnerthaler, Obmann der Sparte Handel in der WK Salzburg, bezeichnet die Ein- führung der Maskenpflicht für alle Geschäfte als schweren Ein- schnitt. „Nachdem die Umsatz- entwicklung im Sommer und in der Festspielsaison überwiegend positiv war, ist es für die Händler natürlich schwierig, wieder zum Mund-Nasen-Schutz zurückzu- kehren“, erklärt Rinnerthaler. Die Maßnahme sei eine Belastung für Mitarbeiter und Kunden und treffe den Handel in seiner Gesamtheit. Der Spartenobmann erinnert an den wochenlangen Lockdown im Frühjahr, der ein Schock mit gra- vierenden wirtschaftlichen Fol- gen gewesen sei. „Viele Betriebe leiden bis heute darunter. Im Ver- gleich dazu ist die Maskenpflicht das weitaus geringere Übel“, meint Rinnerthaler. „Wir haben mit dieser Maßnahme keine Freude. Wenn sie aber dazu führt, dass das Weihnachtsgeschäft und die Wintersaison gerettet werden sowie die für die Ortskerne und Innenstädte so wichtigen Weih- nachtsmärkte stattfinden können, ist sie gerechtfertigt.“ Ein neuerlicher Lockdown müsse unter allen Umständen ver- hindert werden. „Das wäre wirt- schaftlich nicht mehr zu verkraf- ten, würde den Handel nachhaltig schädigen und darüber hinaus den ausländischen Online-Handel befeuern“, warnt Rinnerthaler. Bleibt zu hoffen, dass Großver- anstaltungen wie etwa der Salz- burger Christkindlmarkt heuer stattfinden können. Dabei stehen noch Genehmigung bzw. Finanzie- rung aus. „Diese Veranstaltungen sind Leuchttürme für den Tou- rismus und haben eine enorme Bedeutung und Zugkraft vor allem für den städtischen Tourismus. Sie müssen daher unbedingt stattfin- den. Politik und Wirtschaft müs- sen hier an einem Strang ziehen“, resümieren Ebner und Pühringer. Die Organisatoren des Christ- kindlmarktes haben seit März ein umfangreiches Präventions- konzept erstellt, an dem auch ein Expertenbeirat mitgearbeitet hat. Es umfasst unter anderem Maßnahmen zur Regulierung der Besucherzahl und zur Steuerung der Besucherströme, eine Defini- tion und Analyse der Risikoberei- che sowie strenge Hygienemaß- nahmen für Standbetreiber, Mit- arbeiter und Lieferanten. Das Konzept habe bei den zuständigen Behörden in Wien und Salzburg positive Reaktionen hervorgerufen, betont Wolfgang Haider, Obmann des Vereins Salz- burger Christkindlmarkt. „Aus heutiger Sicht findet der Christ- kindlmarkt zu 100% statt. Die epidemiologische Lage und die Vorgaben der Behörden können daran aber natürlich noch etwas ändern“, erklärt Haider. „Die Kurzfristigkeit der Maßnahmen hat viele vor den Kopf gestoßen.“ Spartenobmann Albert Ebner Foto: WKS/Neumayr „Die Maskenpflicht ist das weitaus geringere Übel als ein zweiter Lockdown.“ Spartenobmann H. Rinnerthaler Foto: WKS/Neumayr

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