Salzburger Wirtschaft vom 19.Juli 2020 / Folge_12

· 11 Nr. 12 · 19. 6. 2020 Salzburger Wirtschaft Herausforderungen der Corona-Krise WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf gibt im Gespräch Einblicke in seinen politischen Corona-All- tag und zeichnet den Weg, wie Österreich erfolgreich aus der Krise kommen kann: Herr Generalsekretär, wie haben Sie persönlich die Corona-Krise erlebt, wie hat die Wirtschaftskammer auf die besonderen Heraus- forderungen reagiert? Kopf: Wir hatten dank unserer weltweiten Vernetzung über unsere AußenwirtschaftsCenter ein „Frühwarnsystem“. Zunächst zeigten sich vor allem Prob- leme bei grenzüberschreitenden Lieferketten, aber sehr schnell wurde uns klar, wie gravierend die Auswirkungen der Ausbrei- tung des Corona-Virus und der dadurch notwendigen Restrik- tionen auf unsere Wirtschaft sein werden. Wir haben sofort einen Krisenstab, eine Taskforce und den „Corona-Infopoint“ als Anlaufstelle für die heimischen Betriebe eingerichtet. Hier waren wir mit Mitte März bereits voll operativ tätig. Wie lief die Umstellung der Services für die Mitglieder und die Abstimmung mit den Landeskammern, was hat sich zum „Alltag vor Corona“ verändert? Kopf: In einer noch nie dagewe- senen Situation, für die es vorab keinen Plan geben konnte, muss- ten wir unseren Betrieben so unmittelbar wie möglich zur Ver- fügung stehen. Wir haben daher die übliche Aufgabenteilung zwischen der WKÖ und den Lan- deskammern verlassen und sind als WKÖ zur Unterstützung der Services der Landeskammern mit unseren WKÖ-Fachexpertinnen und -experten über den Infopoint blitzartig in die direkte Beratung der Mitglieder eingestiegen. Wie hat sich das auf die interne Zusammenarbeit in der WKÖ ausgewirkt? Kopf: Es war wirklich schön zu sehen, wie branchen-, abteilungs- und hierarchieübergreifend zusammengearbeitet wurde und sich täglich neue Teams gebildet haben. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren mit weni- gen Ausnahmen im Homeoffice, haben aber nach unserem Motto „Schaffen wir“ an der Telefon- hotline, im Infopoint oder in der Taskforce, oft weit abseits ihrer angestammten Tätigkeit, mit angepackt. Neben wertvollen Erfahrungen vieler Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter im direk- ten Mitgliederkontakt hat diese Zeit auch den Teamgeist im Haus weiter gestärkt. Was waren die Haupt- anliegen der Unternehmen, die sich am Corona-Info­ point gemeldet haben? Kopf: In der ersten Phase des Lockdowns und später dann auch beim Wiederhochfahren standen natürlich die Fragen im Vor- dergrund, welche betrieblichen Tätigkeiten aktuell in welcher Form erlaubt sind. Diese galt es in der Taskforce und – wenn not- wendig – über den Krisenstab der Kammerleitung mit den politisch Verantwortlichen abzuklären bzw. zu verhandeln. Mit zunehmender Dauer des Lockdowns und daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen für die Betriebe gewannen die Fragen nach den Unterstüt- zungsmaßnahmen zunehmend an Bedeutung. Die oft große zeit- liche Lücke zwischen Ankündi- gung und Realisierung sowie die anfangs oft praxisferne Aus- gestaltung dieser Maßnahmen wurde für unsere Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter im direkten Mitgliederkontakt zu einer star- ken mentalen Belastung. Eine große Herausforderung für die Kammerleitung war aber in dieser Zeit wohl die politische Interessen­ vertretung? Kopf: In den nächsten Wochen und Monaten steht weiterhin die Verbesserung, Ausweitung und Verlängerung der Unterstützungs- maßnahmen für die akut betroffe- nen Unternehmen in Österreich im Vordergrund. Der Regierung dabei zur Hand zu gehen, die Hilfe dort hinzubringen, wo sie gebraucht wird, hat oberste Prio- rität. Es muss uns gelingen, dass möglichst viele unserer Mit- gliedsbetriebe die Folgen des Lockdowns mit einer Zukunftsper- spektive überstehen können. Parallel zur laufenden Ver- besserung der Akutmaßnahmen arbeiten wir aber auch an kon- kreten wirtschafts- und konjunk- turpolitischen Maßnahmen, mit denen wir als Volkswirtschaft insgesamt möglichst rasch wie- der aus der aktuellen Rezession herauskommen können. Was werden bei diesem sogenannten Recovery-Programm die wesentlichsten Schwer- punkte sein? Kopf: Zur Stärkung der Kaufkraft und Stimulierung der Inlands- nachfrage wird eine signifikante Senkung der Lohn- und Ein- kommensteuer notwendig sein. Zur Stärkung der Ertragskraft der Unternehmen braucht es eine Entlastung bei den Ertrags- steuern und zur Verbesserung der Beschäftigungssituation eine Senkung der Lohnnebenkosten und ein spezielles Lehrstellenför- derprogramm. Die stark rückläu- fige Investitionstätigkeit sollten wir mit einer Investitionsprä- mie und einer degressiven AfA stimulieren. Zur kurzfristigen Liquiditätssicherung sollten Ver- luste der Jahre 2020 und 2021 auf Gewinne der Jahre 2019, 2018 und 2017 rückgetragen werden können. Und schließlich müssen wir die Betriebe für die Zukunft digitalisierungsfit machen und auch unser Bildungsangebot auf eine digitale Plattform stellen. Das sind nur einige der notwendi- gen Maßnahmen, die wir derzeit ausarbeiten. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf im Gespräch. Foto: WKÖ/Marek Knopp „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben nach unserem Motto ,Schaffen wir‘ angepackt.“ Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wirtschafts- kammern haben in der Krise großartige Arbeit geleistet. So wurden f binnen sechs Wochen 634.540 telefonische Beratungen durchgeführt, f 669.481 Mails beantwortet und f über 335.000 Härtefall- Fonds-Anträge bearbeitet. f Unsere Info-Website wko.at/corona wurde bis Mitte Mai knapp 12 Millio- nen Mal aufgerufen. Factbox „Ich bin davon überzeugt, dass wir die Wiederbelebung unserer Wirtschaft gemeinsam schaffen werden.“

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