Salzburger Wirtschaft vom 10. Jänner 2020 / Folge_1

10 · Nr. 1 · 10. 1. 2020 Salzburger Wirtschaft Österreich „Entlastung muss jetzt Devise sein“ Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer skizziert im Inter- view die Herausforderungen, die von der neuen Bundesregie- rung bewältigt werden müssen, um dem Land Stabilität und den Betrieben Planbarkeit und Inves- titionssicherheit zu geben. Herr Präsident, Sie haben das Regierungsprogramm der türkis-grünen-Koalition mitverhandelt. Wie zufrie- den sind Sie als Wirtschafts- vertreter mit der Verein- barung? Mahrer: Das vorliegende Pro- gramm ist tatsächlich das Beste aus beiden Welten. Auch wenn die Gespräche nicht einfach waren, wurde in vielen Punkten etwas geschafft, das europaweit seinesgleichen sucht. Einerseits wird der Standort entlastet und Steuern werden gesenkt, das stärkt die Kaufkraft in einer wirt- schaftlich herausfordernden Zeit. Anderseits wird das wichtige Thema Klimaschutz nicht gegen, sondern Hand in Hand mit der Wirtschaft angegangen. In welchen Bereichen konnten die Ideen und Forderungen der Wirtschaft umgesetzt werden? Mahrer: Das ist etwas, das mich ganz besonders freut: Sowohl EPU, KMU als auch Leitbetriebe profitieren von den geplanten Entlastungen. EPU hilft etwa die leichtere Absetzbarkeit von Arbeitszimmern, KMU die Aus- weitung des Gewinnfreibetrages und unsere Leitbetriebe profi- tieren von der Senkung der Kör- perschaftsteuer auf 21 Prozent. Mir ist wichtig, dass jede Unter- nehmerin und jeder Unterneh- mer wesentliche Punkte für sich wiederfindet. Welche Maßnahmen im Regierungsprogramm tragen zur Entbürokratisierung des Wirtschaftsstandorts bei? Mahrer: Unsere Unternehmerin- nen und Unternehmer wollen eigentlich nur so einfach wie möglich wirtschaften. Mit der im Regierungsprogramm vor- gesehenen Modernisierung und Vereinfachung der Verwaltung gehen wir da einen Riesen- schritt in die richtige Richtung. Auch „Beraten vor Strafen“, das Once-Only-Prinzip und die Beschleunigung von Verfah- ren helfen unseren Mitgliedern immens. Durch die überfällige Entrümpelung der Bürokratie bleibt den heimischen Unter- nehmen nicht nur mehr Geld, sondern auch mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge. Nationalbank und Wirt- schaftsforscher haben ihre Konjunkturprognosen gesenkt. Stehen wir vor einem schwierigen Jahr? Mahrer: 2020 wird anspruchsvol- ler, das prognostizierte Wachs- tum soll mit 1,1 bis 1,3 Prozent nur halb so groß ausfallen wie 2018. Protektionismus, Populis- mus, Separatismus und so wei- ter – die handelspolitischen und geopolitischen Spannungen und Entwicklungen hinterlassen glo- bal tiefe negative Spuren – davor kann sich Österreich als kleine, exportorientierte Nation nicht verschließen. Die gute Nachricht dabei ist: Wir stehen im europäi- schen Vergleich stabil da. Und die schlechte Nachricht? Mahrer: Wenn wir uns die globale Verunsicherung ansehen, sehen wir Probleme in den Exportmärk- ten und eine starke Zurückhal- tung bei den Betrieben, was Inves- titionen betrifft. Das zeigt auch unser WKÖ-Wirtschaftsbarome- ter (Anm.: siehe Artikel rechts). Daher ist die neue Regierung ein ganz besonders wichtiges Zei- chen für Stabilität, Planbarkeit und Investitionssicherheit. Das ist in konjunkturell schwierigen Zeiten das Um und Auf. Welche Maßnahmen sollte die neue Regierung jetzt rasch setzen? Mahrer: Es geht jetzt um eine rasch spürbare Entlastung für alle, wie sie im Regierungspro- gramm verankert ist. Mit der geplanten Senkung der Lohn- und Einkommensteuertarife bleibt Selbstständigen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmern mehr Netto vom Brutto, was wesentlich zur Stabilisie- rung der Kaufkraft beitragen und für Investitionsanreize bei den Unternehmen sorgen wird. Wie können solche Investitionsanreize aussehen? Mahrer: Wenn man will, dass Unternehmen investieren, brau- chen sie dafür Rechts- und Pla- nungssicherheit. Das betrifft das Energiesystem genauso wie die Digitalisierung. Die Betriebe müs- sen sich darauf verlassen können, dass die digitalen Netze ausgebaut werden. Dazu muss sich die neue Regierung budgetäre Spielräume schaffen. Und diese wird sie nur haben, wenn die Wirtschaft wie- der stärker wächst. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer im Gespräch. Foto: Fotograf & Fee

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