KARTELLRECHTLICHE RISIKOBEREICHE Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung Unterliegt ein Unternehmen keinem hin- reichenden Wettbewerbsdruck, kann es sich im Wesentlichen unabhängig von sei- nen Wettbewerbern und letztlich auch von seinen Abnehmern verhalten. Eine solche dominante Marktstellung innezuhaben, ist nicht per se verboten. Missbräuchlich sind Verhaltensweisen von marktbeherrschenden Unternehmen (Missbrauchshandlungen), die andere Unternehmen oder auch Kunden von Un- ternehmen benachteiligen und bei wirk- samem Wettbewerb nicht möglich wären. Dazu zählen beispielsweise • Erzwingung unangemessener Preise, • Einschränkung des Absatzes, • Benachteiligung bestimmter Vertragspartner oder auch • der Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis. HINWEIS Die BWB hat zum Thema unternehme- risches Wohlverhalten den sogenannten „Fairnesskatalog“ erstellt, abrufbar unter: http://www.bwb.gv.at → Recht & Publikationen → Standpunkte Marktbeherrschend ist ein Unternehmen, wel- ches keinem oder nur unwesentlichem Wettbe- werb ausgesetzt ist (z. B. Monopolunternehmen) oder eine im Verhältnis zu anderen Wettbewer- bern überragende Marktstellung hat. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen: • die Finanzkraft, • die Beziehungen zu anderen Unternehmern, • die Zugangsmöglichkeiten zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, • die Bedeutung seiner Vermittlungsleistungen für den Zugang anderer Unternehmer zu Beschaffungs- und Absatzmärkten, • der Zugang zu wettbewerblich relevanten Daten, • der aus Netzwerkeffekten gezogene Nutzen sowie • die Umstände, die den Marktzutritt für andere Unternehmer beschränken. Auch wenn ein Unternehmen die Kriterien einer Marktbeherrschung nicht erfüllt, kann es im Ver- hältnis zu seinen Abnehmern oder Lieferanten trotzdem eine überragende Marktstellung ein- nehmen. Eine solche (relative Marktmacht) liegt insbesondere dann vor, wenn abhängige Unter- nehmen zur Vermeidung schwerwiegender be- triebswirtschaftlicher Nachteile auf die Aufrecht- erhaltung der Geschäftsbeziehung angewiesen sind. In seltenen Fällen können zwei oder mehr Un- ternehmen gemeinsam auch dann marktbeherr- schend sein, wenn nicht jedes Unternehmen für sich, aber die Gesamtheit aller betroffenen Un- ternehmen die Definition der Einzelmarktbeherr- schung erfüllt. 10 KARTELLRECHT UND COMPLIANCE